Auf oimaul isch allz anderscht ...


4. September 1983
Mein Liebster!

Iatz hätt allz baßt bei uns dahoim;
doch iber Nacht isch anderscht woara.
Zfrieda war mr, schea isch gwest
und iatz isch rum - von heit auf moara.

Zwar bisch blos Du krank,
doch was Di trifft, trifft au mi,
denn miar send oins, miar zwoi, -
was wär i ohne Di?!

A bißle Bauchweah zearscht,
ma haut's it tragisch gnomma;
doch nauch und nauch isch ärger woara
und allweil öfter komma.

Allz, was d so geara gmegt hausch
hausch auf oimaul nemm vertraga.
"Des pack i nemm", hausch gsait,
"des liegt mr nau em Maga."

Zum Doktr bisch au ganga, wie se's
gheart von Zeit zua Zeit,
hausch gsait: "Des ka doch nemma schtemma,
miar duat's so weah mea, heit."

Er haut de undersuacht, it blos oimaul,
und haut nix gfunda,
obwohl er Di ganz gwiß manchmaul
recht blaugad haut und gschunda.

"I wil ins Krankahaus", hausch gsait,
"des weard mr z dumm",
und ear drauf kategorisch: "Nein! -
Kein Fall für's Klinikum!"

Er schickt Di, weil's it besser weart,
nau zua am Internist,
dear duat zwar ganz schea siebagscheid,
doch haut er au nix gwißt.

Du wartesch mea, was rauskommt iatz,
nau sagans: "Kein Befund!
Mei Ma, Du bildsch Dr blos was ei,
was willsch denn? Du bisch gsund!"

Am liabschta hättsch es selber glaubt,
doch's haut de weiter zwickt.
Nau haut er Di doch, z guater Letscht,
en's Klinikum neigschickt.

Und was hams feschtgschtellt nauch zwoi Dag
en deam moderna Haus?
"Hausch viel z lang gwartat, liaber Ma,
iatz muaß dr Maga raus!"

Soweit, so schlecht, so siaht's iatz aus.
Du bisch iatz operiert.
Iatz hoff mr hald, voll banger Sorg,
daß weiter nix bassiert.

Miar dragad unsre Sorga hi
zua unserm guata Gott -
und bittad voller Zuversicht:
"Hilf uns in unsrer Not!"

"Hilf, liaba Muattergottes au,
bitt fiar uns, schtand uns bei.
En d'Füarbitt bei Deim liaba Sohn
schliaß unsre Sorga ei!"

Wia haut ear sell en Todesangscht
am Ölberg droba gfleht?
"Wenn's sei ka, Vater, haut er gsait,
mach, daß's vorübergeht!"

"Wenn's sei ka," bittad iatz au miar,
miar deand's aus Herzensgrund.
"Wenn's möglich isch, o guater Gott,
mach eahn uns wieder gsund!

Miar brauchad eahn, des siehsch doch sell,
wearsch doch Eiseha hau!
Wenn miar koin Vater nemma hättad,
wia sollt's weiter gau?"

Zwar haut dr Herrgott weiter gsait:
"It mei Willa - der Dei!"
"Miar sagad au so, liaber Gott,
doch bitt mer, laß es sei,

dass unser Bitt und Dei Beschluß
en deam Fall's Gleiche isch,
und daß en Deiner Güt und Huld
Du uns hald gnädig bisch.

Sieh nicht auf unsre Sünd und Schuld,
sie deand uns leid. Vergib
allz, was it recht war, guater Gott,
und hab uns wieder lieb!"

So beat mer iatz, miar zwoi mitnand
und alle Liabe mit,
und hoffad, voller Zuversicht,
der Herr verläßt uns it.

Du wearsch mea gsund und kommsch mea hoim
und alles weard mea recht.
Iatz isch's a langes Briafle woara,
i hoff, Du fendsch's it schlecht.

I hab Di ganz arg lieb, mein Schatz,
gwiß, und i brauch Di so!
Wear gsund und komm ganz bald mea hoim -
nau simma wieder froh.

In Liebe Deine Frau


                                                                                                          im Advent 1983
Ihr Lieben alle!

Es fällt mir schwer und trotzdem will ich's wagen
zu grüßen Euch zum Fest, so wie's schon Tradition.
Ich hab' nichts Schönes heut' von uns zu sagen,
die meisten von Euch wissen es ja schon:

Wir haben schwere Wochen hinter uns, voll Bangen,
voll großer Sorgen. Unser Vati ist schwer krank.
Doch scheinen bess're Zeiten anzufangen —
er isst und trinkt jetzt wieder, Gott sei Dank!

So ist es doch was Schönes, was ich künde:
Aus tiefsten Tiefen steigt der Hoffnung Licht
an dem ich unser Weihnachtslicht entzünde
und innig bete: „Herr, verlass uns nicht!“

Wir danken sehr für alle lieben Gaben,
für alles mit uns sorgen, bitten, beten,
das dankbar, tröstlich wir empfangen haben,
in schweren Stunden und in großen Nöten.

Euch wünschen wir zum Feste nur das Beste!
Lasst unsre Sorgen uns zur Krippe tragen.
Es ist das Kind, das uns am Kreuz erlöste
und das uns Kraft gibt, um nicht zu verzagen.


                                                                                                         22. August 1984
Es ist vollbracht

Es ist vollbracht, das Leiden ist zu Ende.
Wir geben ihn zurück in Gottes Hände.
Wir sagen ja — in Gottes Namen.
In unsrer Liebe bleiben wir zusammen.

                                                                                                               August 1984

Wir gaben den Liebsten dem Schöpfer zurück,
mit traurigem Herzen, er fehlt uns zum Glück.
Wir wollten ihn halten, noch recht lange Zeit.
Es ist nicht gelungen; nun ist er schon weit.

Es war Gottes Ratschluß und tut's noch so weh.
Wir beten doch: „Vater, Dein Wille gescheh!“
So beugen wir uns nun und fügen uns drein.
Er bleibt unsre Mitte — wir sind nicht allein.


Schläufzemmergschichtle —
Fortsetzung Herbst 1984


Wiah froah wär i, dät er no schnarcha
und dät mi schtöra, Nacht fiar Nacht.
Wia semmer mitnand glücklich gwesa,
hand mitnand gsorgad, gheinad, glacht.

Allz isch voarbei; er schnaufad nemma.
I ka num losa, wia i will.
Sei Bett isch leer und kalt und schaureg
und neabadra isch toataschtill.

Dr Griablaschlupfer kommt mea gschlicha.
Er schlupft en Babbas Bettle nei
Schtreckt 's Fiaßle rum, schlauft ei und schnarchad.
Guat, dass i'n hau, bi it alloi.


                                                                                                          im Advent 1984
Meine Lieben!

Was soll ich Euch schreiben,
nach allem, was war,
und was uns geschehen
in diesem Jahr?

Was soll ich Euch sagen,
wie's uns jetzt geht —
so ohne den Vati?
Wer es wohl versteht?

Es ist nicht zu fassen! —
Sein Platz hier ist leer!
Der von uns genommen —
er fehlt uns, — soo sehr!

Und wieder kommt Weihnacht.
's wird immer so sein:
Auch in's dunkelste Zimmer
dringt Kerzenlichtschein.

Und wieder kommt's Christkind.
Wie beugen das Knie.
's geht irgendwie weiter —
weiß ich auch nicht wie.

Ich glaub an die Liebe,
die uns hier verband.
Der Vater im Himmel
hält uns an der Hand!


Roter Mohn im November


Letztes Blümlein am Straßenrand,
satt leuchtender, roter Mohn.
Blühtest einsam im Baustellensand,
Frost, Reif und Kälte zum Hohn.

's ist Mitte November und deine Zeit
ist eigentlich lang schon vorbei.
Keins ist mehr zu sehen sonst, weit und breit,
und du blühst, wie die andern im Mai.

Ich pflückte dich ab, nun verblühst du bei mir.
Im traulichen Kerzenlichtschein
schmückst du ein Bild und ich freu mich an dir —
blühst für den Herzliebsten mein.

Für ihn, der auch schon — wie die andern — verblüht,
viel zu schnelle, ach viel, viel zu bald.
's Mohnblümlein stirbt und 's Kerzlein verglüht
und um mich ist's schaurig und kalt.


Wo find' ich dich wieder?

Schwarz liegt die Nacht über Wald und Flur.
Sie spannt ihren undurchsichtigen Schleier
vor das strahlende Licht der Sonne
und hüllt alles, was da lebt und atmet,
in den Zauber der Dunkelheit;
den leisesten Laut macht sie zum tiefen Geheimnis.

Ziellos haste ich durch die Straßen,
suchend, was unrettbar verloren ist.
Meine Augen irren umher —
und doch sehen sie nichts,
meine Ohren lauschen hinaus —
und doch hören sie nichts,
meine Hände tasten in die Weite —
und doch erreichen sie nichts.

Und nur mein todwundes Herz
schreit laut hinaus in die Nacht:
Wo finde ich, was ich einstmals besessen,
was mir einst mehr als mein Leben bedeutet,
was tief, so tief ich verschlossen hatte,
wo find ich dich wieder, mein Glück?

Und die Nacht nimmt sie auf,
trägt sie fort in die Fernen,
macht sie groß und gewaltig,
die Frage des Herzens:
Wo find ich mein Glück?

Doch die Nacht ist still,
sie ist tief und gut,
sie ist grausam barmherzig —
sie schweigt.


Josefstag 1985


Nun, da Du nicht mehr hier sein kannst,
an meiner Seit', hienieden,
wünsch ich Dir und erbitt' für Dich
in Gott den ew'gen Frieden.

Ich trag's mit Würde und mit Fassung,
will nicht im Schmerz verzagen.
Ich weiß, man darf den lieben Gott
nach dem Warum nicht fragen.

Es wäre tausend Mal das Gleiche:
„Warum, mein Gott, warum?“
Und tausend Mal das große Schweigen,
denn Gott, mein Gott, blieb' stumm.

Ich weiß, Du bist an meiner Seite
auch über's Grab hinaus.
In tausend Dingen lebst Du weiter
bei uns daheim, zu Haus.

Ich trage Deinen Ring noch immer
an meiner rechten Hand,
der mich in Liebe und in Treue
jahrzehntelang mit Dir verband.

Ich halt Dein Bild in meinen Händen,
blick in Dein lächelndes Gesicht.
Ich weiß, Gott wird's zum Guten wenden
und Du hilfst auch, verlass mich nicht!


                                                                                                                    Mai 1985
A Schtrauß Vergißmeinnicht

A Schtrauß Vergißmeinnicht
schtaut voar Deim Bildle,
a trocknads Reasle hangad oba dra.
Du schtrahlsch mi a,
so liab und voller Leaba,
dass i it anderscht
wia au lacha ka.

I lies aus Deinem Gsicht
was Du mir saga willsch:
„Nemm's auf di, Muatr, schtreng di a.
Des Leaba isch a Auf und Ab,
a Komma und a Geha,
und i, ganz gwiß it geara, war iatz dra.

Nemm unsre Kendr bei dr Hand,
iatz du alloinig,
bisch au dr Vatr iatz,
bisch Frau und Ma.“
Und zmidlescht underm Lacha
muaß i heina,
weil i's hald allaweil
no it glauba ka.


                                                                                                             Februar 1986
All mein' Gedanken, die ich hab' …

0, lieber Vati, ich wünsch Dir den Frieden.
Ach, Du mein Lieber, ich gönn Dir die Ruh'.
War Dir hier kein Feierabend beschieden,
so habe ihn drüben, Geliebter Du.

Hab Dank für all Deine Liebe, Dein Sorgen,
Dein Wirken und Schaffen von morgens bis spät.
Gott, in dessen Liebe wir alle geborgen,
geb die Früchte Dir, dessen, was Du gesät.

Und wenn einst auch ich von hinnen muß gehen
und Gott nimmt auch mich voller Liebe dann auf,
dann werden wir beide uns wiedersehen.
Das glaub' ich, das hoff ich und freu' mich darauf.

Inzwischen, mein Lieber, warten wir beide,
jeder auf seinem ganz eigenen Platz,
auf den Tag, an dem wir aufs Neue, voll Freude,
vereint sind für immer und ewig, mein Schatz!


Was ich liebte


Was ich liebte, deckt die Erde zu.
Was ich liebte, mehr als alles, das warst Du.
Was ich liebte, birgt ein kühles Grab.
Liebe, Glück und Freude sank mit Dir hinab.

Was ich liebte, ruht in Gottes Hand;
ruht, mit all' der Liebe, die uns hier verband.
Was ich liebte, lebt im ew'gen Licht —
und in Gottes Nähe stirbt die Liebe nicht.


So langsam weard's leichter

So langsam weard's leichter,
so langsam verheulad's,
und langsam duat's nemma so weah.
So langsam kommt d Freid
und kommt 's Lacha mea zruck
und langsam weard 's Leaba mea schea.

Zwar hau i Di nemma
und bi arg alloinig,
hau gmoint, i muaß glei nauch Dir gau,
von deara bucklada Welt,
deara scheana,
und doch — bi i geara no dau.

Mach's Beschte iatz draus,
mei, was soll i denn macha?
Du kommsch nemm, und duat's no so weah!
So langsam kommt d Freid
und kommt 's Lacha mea zruck
und langsam weard 's Leaba mea schea.


Des bissle Leaba


A bissle Freid, a bissle Leid,
a bissle lacha, heina.
A bissle Reaga, zwischanei,
nau muaß mea d Sonna scheina.

A bissle kalt, a bissle hoiß,
au lauwarm zwischadur.
A bissle Wind und Wolka au,
und bloß nix gar so schtur.

A bissle jung, a bissle alt,
a bissle zwischadenna.
A bissle Arbad, a weng Ruah,
und bloß it allweil renna.

A bissle Glück, a bissle Pech,
a bissle loba, schimpfa.
Und fiar a bissle uguat sei
a Gegamittel impfa.

A bissle langsam, a weng schnell,
a bissle schtrecka, ducka.
A bissle en da Boda nei
und nau mea aufwärts gucka.

A bissle rum, a bissle num,
a bissle hin und her.
A bissle Mut und Zuversicht,
fällt's dr au manchmaul schwer.

A bissle schea, a bissle wiascht,
des isch des bissle Leaba.
Wenn's aufheart, des kloi Bissale,
nau dätsch ganz viel drum geaba.